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Wie viel drückst du?
Diesen Satz kennt vermutlich jeder Kraftsportler. Jedoch hat in der Auffassung der Frage "Wie viel drückst du?" ein großer Wandel stattgefunden. Heute denken die meisten Athleten wohl an die Leistung beim Drücken auf der Bank, also dem Bench Press. In der Vergangenheit wurde hier selbstverständlich an das Drücken im Stehen über dem Kopf gedacht. Also an die Leistung bei der klassischen Übung Press.Der Grund dafür ist logisch und verständlich. Press stellt damals zu recht das Herzstück des Trainings dar. Beim Überkopfdrücken wird die Kraft aus dem ganzen Körper benötigt, womit diese Übung einen sinnvollen Vergleich für die komplette Kraft darstellt. Im Vergleich zum Bankdrücken ist der Anspruch hier wesentlich höher. Das Gewicht und der Körper müssen im Gleichgewicht gehalten werden. Beim Drücken auf der Bank hingegen wird nur ein geringfügiger Anteil der Muskulatur benötigt. Umso weiter die Hantel vom Boden entfernt ist, desto mehr steigt der Anspruch die Kontrolle zu bewahren. An dieser Stelle wird mir jeder bestätigen, dass die Körperliche Leistung beim Press wesentlich höher ist als beim Bench Press.
Warum wird das Drücken verdrängt?
Für das Verdrängen des Drückens ist vermutlich genau diese anspruchsvollere Technik verantwortlich. In herkömmlichen Studios wird meist darauf geachtet den Mitgliedern ein leichtes und angenehmes Training zu vermitteln. Auch das Verletzungsrisiko wird versucht sehr gering zu halten. Da für das Drücken eine extrem gute Körperbeherrschung notwendig ist, sind diese Punkte hier nicht erfüllt. Bei Falscher Technik kann dem Rücken sogar sehr geschadet werden.Ein weiterer Grund ist vermutlich auch die Entwicklung bei den olympischen Spielen. Im Jahr 1972 wurden die Disziplinen beim Gewichtheben gekürzt. Press wurde gestrichen und seitdem sind nur noch Reißen und Stoßen Teil des Gewichthebens bei den olympischen Spielen. Begründet wurde diese Entscheidung zunächst durch einen unfairen Wettkampf. Beim Drücken ist es möglich mit Schwung mehr Gewicht zu bewältigen. Diese Variante ist auch durchaus erlaubt. Allerdings, wenn nach der Übung Push Press gefragt wurde. Das war beim olympischen Gewichtheben nicht der Fall. Auch durch eine nach hinten verlagerte Position ist ein höheres Gewicht möglich. Wobei dieses Schummeln auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Neben dem Aspekt des Mogelns spielt auch noch ein weiterer Punkt der Gesundheit eine Rolle. Gewichtheber verwenden eine Pressatmung um bei schnellen Bewegungen bessere Leistung zu erzielen. Beim langsameren Drücken hingegen führte diese Technik der Atmung häufig zu Bewusstlosigkeit. Bei schweren Gewichten bleiben dabei Verletzungen nicht aus.
Was macht das Drücken so besonders?
Genug zur Geschichte und mehr zum Drücken selbst. Was ist am Press überhaupt so besonders? Zum Anfang habe ich diesen Punkt schon angeschnitten. Der Anspruch an den Körper ist beim Drücken extrem hoch. Hier kommt die kinetische Kette ins Spiel. Diese beschreibt die Elemente unseres Körpers, welche bei der Kraftübertragung zum Einsatz kommen. Beim Betrachten des Bewegungsablaufs vom Drücken wird deutlich, dass hier die längste für uns mögliche kinetische Kette eingesetzt wird. Die Muskeln von den Füßen bis in die Hände müssen beim Press zusammenarbeiten und mithelfen. Damit wird quasi der komplette Körper beteiligt und angespannt.Viele denken beim Überkopfdrücken nur an ein Training der Schultermuskulatur, was jedoch nur ein geringer Anteil ist. Bei richtiger Technik werden Brust, Trizeps, der komplette Rumpf und sogar die Muskulatur der Beine enorm gefordert. Besonders die untere Rücken- sowie Bauchmuskulatur sind für die Stabilität von großer Bedeutung. Ist diese Core-Muskulatur nicht gut ausgeprägt, wird der Athlet Probleme haben die Hantel sauber über dem Kopf halten. Hier wichtig zu erwähnen, dass die Übung Press auch erst mit gestreckten Armen und der Hantel über dem Kopf vollendet ist. Ohne Lockout ist es keine komplette Wiederholung.
Somit ist auch der Unterschied zum Drücken auf der Bank erneut verdeutlicht. Dort ist die kinetische Kette um einiges kürzer. Das Drücken über dem Kopf kann sogar helfen das Bankdrücken zu verbessern. Somit ist es ratsam für jede Übung auf der Bank auch eine Übung über dem Kopf anzusetzen. Das Zusammenspiel der gesamten Muskulatur und das Volumen der kinetischen Kette sind hier wesentlich größer.
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